Mit dem Rade unterwegs

In den Monaten August und September 1899 war der Bau der Pittlerwerke in Wahren soweit fortgeschritten, dass mit dem Umzug von Gohlis nach Wahren begonnen werden konnte. Da die elektrische Straßenbahn nur bis Möckern fuhr, war Franz nun gezwungen von Gohlis bis zum Werk in Wahren den Weg zu Fuß zurückzulegen, sodass er sich auf den Rat des Direktors Voigtländer entschloss, ein Fahrrad Marke „Riesenfeld“ München zu kaufen. Diese Firma hatte von Pittler Maschinen gekauft und dafür die Fahrräder in Zahlung gegeben. Auf dem Fahrweg von Gohlis zur Leibnitzstraße im Rosenthal hat Franz dann unter Mithilfe seines Zeichners nach Feierabend fleißig geübt, sodass er nach 3 oder 4 Tagen einigermaßen Radfahren konnte und die 2 ½ km lange Strecke von der Endstation der Straßenbahn bis zum Werk nicht mehr zu Fuß zurücklegen musste. Bei der ersten Fahrt mit dem Rade nach Wahren zwischen der Endstation und dem Viadukt überholte ihn der Direktor Huhn mit seinem englischen Auto und rief ihm zu: „Herr Himbergen, immer feste durchtreten und gerade voraus schauen!“ Franz kam aber ohne Unfall ins Werk in der Mühlenstraße (heute Pittlerstraße). Das Fahrrad war aber noch ohne Freilauf, sodass er die ganze Strecke unentwegt radeln musste. Und bremsen konnte er nur, indem er die Handbremse am Vorderrad bedienen und gleichzeitig die Pedale zurückdrücken musste.

Durch das Hin- und Herfahren früh, mittags und abends von der Wohnung zur Fabrik konnte Franz bald größere Touren mit dem Rad zurücklegen ohne zu ermüden. Er fuhr auch freitags abends zu den Sitzungen der TVL von Wahren nach Leipzig in Schießens Restaurant in der Kramerstraße hin und zurück auch oft nachts nach 1 Uhr, wenn sie später nach Hause gingen.

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Die Radtouren mit seinem Freund Karl Rosenthal und auch die Touren der neu gegründeten Radfahrerabteilung der TVL wurden häufiger. Sie hatten sich alle, ca. 10 Mann, Radfahrer-Anzüge aus braunkariertem Stoff mit entsprechenden Mützen anfertigen lassen und machten sonntags Touren nach Merseburg, Zwenkau, Döllnitz, Eilenburg, Grimma usw.

Im Sommer 1901 fuhr Franz noch einmal mit seinem Freund Volt mit der Sonntagskarte nach Bad Kösen in Thüringen und von hier mit dem Rade weiter über Eckartsberga, um das Bismarck-Denkmal bei Apolda zu besuchen, vorbei nach Umpferstedt und über Mellingen, Hetschburg bis Berka an der Ilm, wo sie für ihre Frauen und die Kinder eine Sommerfrische aussuchen wollten. Sie fanden auch ein passendes Haus und mieteten auf drei bis vier Wochen zwei Zimmer in der Mitte des Städtchens. Die Hinfahrt mit dem Rade war ganz gut gegangen, aber auf der Rückfahrt von Berka nach Bad Kösen lief es nicht so gut. Durch seinen Sturz mit dem Rade ohne Freilauf am Kyffhäuser einige Wochen zuvor war er auf den steil abfallenden Straßen ängstlich geworden, sodass er bei stärkerem Gefälle lieber abstieg und das Rad führte. Volt dagegen handhabte es umgekehrt, bei den starken Steigungen zwischen Eckartsberga und Bad Kösen schob er lieber, um seine Kräfte zu schonen. Dadurch kamen sie nur langsam vorwärts, aber doch noch zu dem Zuge zurecht.

An einem Sonntag wollte Franz mit dem Rade mit dem Vereinsbruder Max Otto zum Brocken fahren. Sie nahmen sich eine Sonntagskarte nach Berga-Kelbra zum Kyffhäuser und fuhren zusammen vom Magdeburger Bahnhof ab über Halle-Eisleben, Sangerhausen bis Berga und von hier aus mit dem Rade über Rottleberode und Stolberg bei stellenweise starken Steigungen bis Stiege, von wo aus die Straße glatt weiterging. In Hasselfelde war die Straße dann ziemlich eben und sie sahen schon den 1142 Meter hohen Brocken vom weitem, da erklärte ihm Otto, dass er genug hätte und vorschlug, gleich umzukehren, da er die noch zurückzulegenden 35 bis 40 km lange Strecke bis zum hohen Brocken doch nicht schaffen würde, er hatte schon von der zurückgelegten Strecke (35 km) genug. Da Franz denselben Weg nicht zurück wollte, fuhren sie weiter über Trautenstein, Benneckenstein, Zorge und Ellrich immer bergab bis Nordhausen, wo sie sich etwas ausruhten, um dann über Heringen in der Aue und Unleben nach Berga zurück zu kommen und mit dem nächsten Zug nach Leipzig zurückzufahren. Es war schade, denn Franz hätte gern den Brocken erreicht. Er hatte aber später die Gelegenheit mit dem Rade hinauf zu kommen.

Franz und sein Freund Rosenthal, der bei der Firma F. A. Brockhaus als Reparaturschlossermeister für die Druckmaschinen usw. beschäftigt war, hatten wohl beide die größte Ausdauer beim Radfahren. Am Anfang der Fahrt war Franz immer einer der letzten, wenn sie in größerer Zahl früh morgens aus der Stadt fuhren, aber nach den ersten 30 km war er schon an der Spitze und behielt diese bis zuletzt.

Bald jeden Samstagnachmittag fuhr er zuerst von Wahren und später dann auch von Gohlis zur Querstraße in Leipzig, wo die Firma Brockhaus ihre Druckereien hatte, um mit Rosenthal die nächste Sonntagstour zu besprechen. Sie trafen sich dann gegen 6 Uhr am Blücherplatz oder am Eingang des Radfahrweges im Albert-Park, um dann gegen 1 Uhr mittags wieder zu Hause zu sein. Es war für Franz eine schöne Zeit, mit dem Rade so oft unterwegs zu sein. Dabei hat er die weitere Umgebung von Leipzig kennengelernt, von Halle bis Grimma, von Bitterfeld und Düben bis Borna, von Naumburg bis Eilenburg und von Merseburg bis Oschatz. Wenn es nach Westen in Richtung Merseburg oder Naumburg gehen sollte, dann fuhr er früh zur Wohnung seines Freundes in der Uhlandstraße in Lindenau vorbei, um ihn abzuholen. Ihre Frauen waren damit einverstanden, dass sie sonntags vormittags eine Radtour unternahmen, denn sie hatten derweil in der Wohnung zu tun und zu kochen. Sie richteten es auch immer so sein, dass sie zu Mittag um 1 Uhr wieder zu Hause waren. Nur zu den großen Feiertagen wie Ostern oder Pfingsten fuhren sie nicht  gemeinsam Rad.

Die größte Tour war wohl die, die er an einem Sonntag mit seinem Freund Carl Rosenthal unternommen hat, von Leipzig über Lützen, Weißenfels  und von da auf Umwegen durch Tal, Berg und viel Wald nach Freiburg an der Unstrut und weiter über Nebra, Wiehe, Reinsdorf nach Artern. Sie fuhren dann, nachdem sie sich etwas ausgeruht hatten, noch 20 km weiter über Frankenhausen zur Barbarossahöhle ins Kyffhäusergebiet, die sie besichtigt haben, um später über Artern, Ziegelroda, Schufstädt, Merseburg zurückzufahren. Gegen ½ 10 Uhr abends kehrten sie im Herzog Christian ein und kamen erst gegen Mitternacht in Leipzig wieder an nach einer Tour von ungefähr 225 km, die längste Tour, die er an einem Tage gemacht habe, was ihm aber trotzdem gut bekommen ist.

1903 weilte Franz mit Elsa und den Kindern zur Sommerfrische in Kohren. Nachdem sein Urlaub vorbei war, besuchte er seine Familie an den Wochenenden mit dem Rade. Er fuhr am sonntags früh über Borna und Frohburg nach Kohren ca. 50 km, um die Frauen und die Kinder zu besuchen. Da er gegen 9 Uhr früh schon dort war, konnten sie gut den Tag miteinander verbringen und ein Stück nach Sahlis spazieren gehen. Nachdem er sich überzeugt hatte, dass es seiner Familie gut ging, fuhr er am Spätnachmittag mit dem Rade wieder nach Hause zurück, hatte aber kurz vor Leipzig gegen 10 Uhr abends eine Panne. Der Schlauch war undicht geworden und er war gezwungen, im Gasthof Napoleonstein beim Südfriedhof einzukehren und den Schlauch zu flicken, sodass er erst gegen Mitternacht nach Wahren kam.

Zum Geschäft fuhr Franz nun wieder täglich nach Wahren zur Fabrik mit dem Rade und dabei passierte es auch, dass er unter Mittag in der Kirschbergstraße in Möckern in den Schienen der roten Elektrischen  hängen blieb und in hohem Bogen über die Lenkstange hinweg flog, glücklicherweise ohne erheblichen Schaden davonzutragen.

1906 fuhr Franz allein mit dem Rade über Zwenkau, Droyßig und Eisenberg nach dem 70 km entfernten Klosterlausitz, um im Café „Hohenzollern“ für die Ferien für drei Wochen ein Zimmer zu mieten. Dort hat Franz dann größere Touren nach Stadtroda und Hummelshain, nach Eisenberg, Krossen a. d. Elster bis Altenburg unternommen, während Elsa sich mit den beiden Kindern erholte. Nachdem sein Urlaub vorbei und er mit dem Rade wieder zu Hause in Gohlis gelandet war, ist er wohl noch zwei Mal nach Klosterlausnitz gefahren während der Sonntage, um Elsa und die Kinder zu besuchen (70 km). Die Fahrt ging immer über Konnewitz, Zwenkau, Pegau, Zeitz, Eisenberg und zurück über Meineweh.

Im Jahre 1905 fuhren Franz und sein Freund Ruppert mit der Bahn bis Burgstädt im Chemnitztal, um mit dem Rade über Chemnitz, Zschopau, Marienburg nach Zöblitz im Erzgebirge zu fahren und dort für die Ferien auf dem Gutshof zur Kniebuche ein Zimmer zu buchen. Während Ruppert das Zimmer für die Monate Juni/Juli 1905 mietete, bestellte Franz das gleiche Zimmer für Juli/August 1905, da seine Familie wegen Lotte, die mittlerweile in die Schule ging, die Ferien nicht früher nehmen konnte. Franz nahm das Rad mit, um das Erzgebirge zu erkunden. So fuhr er bis nach Böhmen über Annaberg, Weißenthin auf den 1204 Meter hohen Fichtelberg und in Böhmen dann auf den 1244 Meter hohen Keilberg hinauf und wieder zurück über Weiperz nach Zöblitz. Er besuchte auch auch den Grenzort Reitzenhain und in entgegengesetzter Richtung Olbernhau und Rübenau im Erzgebirge. Bei diesen Radtouren besaß er schon sein neues Opelrad mit der von Ditzemann eingebauten Morrow-Freilaufnabe, die innen nur mit einem einfachen Nagel zusammengehalten wurde, was dazu führte, dass sie mehrere Male versagte, sodass er die Nabe auseinandernehmen und die Teile mit dem Nagel wieder zusammenbringen bringen musste. Bis zum Jahre 1936, ist er mit dem Opelrad gefahren und hat damit große Touren unternommen.

Im Jahre 1911 beschlossen Elsa und Franz mit Klettes zusammen in die Sommerfrische zu gehen und so fuhren sie, Klette und Franz, mit dem Rade nach Wippra im Unterharz, um eine Sommerfrische zu suchen. Er startete frühmorgens an einem Sonntag des Jahres 1911 von Merseburg aus, um Klette in Halle an der Saale abzuholen. Und so fuhren sie bei schönem Wetter von Halle durch die Mansfelder Straße und die Eislebener Straße an der Nietlebener Irrenanstalt vorbei rechts ab, nach Düben, Salzmünde, Gorsleben, Naundorf, Schwittersdorf, Polleben, Kloster-Mansfeld, Leimbach und dann der Wipper entlang an Rummelburg vorbei bis Wippra, wo sie im Gasthof einkehrten und 2 Zimmer für 4 Wochen mieteten. Nachdem sie sich gut gestärkt hatten, fuhren sie dann über Grillenberg bergab nach Sangerhausen und von hier der Halleschen Hauptstraße entlang über Blankheim, Eisleben am Sülzer See und Seeburg zurück. Es waren 70 km hin und zurück 120 gewesen. 14 Tage später fuhren sie dann zusammen mit der Bahn von Merseburg bzw. Halle mit Frau und Kindern nach Sangerhausen und von hier mit der Post über Grillenberg nach Wippra. Da ihre Ferien jedoch nicht zusammenfielen, fuhr er wieder zurück nach Merseburg, um 14 Tage später mit dem Rade wieder zu kommen. Am Sonntag dazwischen war er schon um 9 Uhr früh bei der Familie. Von Merseburg wählte er den kürzesten Weg über Lauchstädt, Schafstädt, Querfurt, Allstedt, Sangerhausen, Grillenberg mit 73 km. Von Wippra aus hat er auch mehrere Touren durch den Harz gemacht, wie nach Harzgerode, Rübeland und zu den Grotten, auch auf dem 1142 Meter hohen Brocken ist er gewesen (70 km), wobei er über Harzgerode, Hasselfelde bis Schierke mit dem Rade und von Schierke mit der Brockenbahn hoch gefahren, zurück über die steile Serpentinenstraße aber mit Freilauf hinunter gefahren ist, wobei die Hinternabe so heiß geworden ist, dass der Ölpfropfen abgeschmolzen war. Nach 3 Wochen ging es dann zurück nach Merseburg, wobei er auf der Rückfahrt mit dem Rade den heißesten Tag des Jahres auszustehen hatte und unterwegs mehrmals etwas zu trinken nehmen musste. Trotzdem hielt er bis Merseburg aus.

Im Jahre 1914 beschlossen Franz und Elsa, die Ferien in Oberschönau zu verbringen, und so fuhr er im Monat Juni 1914 mit dem Rade von Bad Kösen, bis dahin hatte er eine Sonntagsfahrkarte gelöst, über Eckersberga am Bismarck-Denkmal bei Apolda vorbei, geradeaus nach Bad Berka und Kranichfeld und von hier rechts ab nach Arnstadt, weiter über Krähwinkel steil hinauf nach Oberhof, 815 Meter hoch gelegen, und dann abwärts durch den schönen Kanzlergrund nach Oberschönau, wo er bei Frau Neuß ein Zimmer mit 3 Betten mietete. Nachdem er dann gut zu Mittag gegessen hatte, fuhr er zurück nach Zella-Mehlis (156 km von Merseburg), um von dort bis Bad Kösen eine Eisenbahnkarte zu lösen im Anschluss an seine Sonntagskarte. Gegen 11 Uhr abends traf er dann glücklich in Merseburg wieder ein. Die eigentlichen Ferien verbrachte er dann mit Elsa und seinen drei Kindern ohne sein geliebtes Rad.

Freitags fuhr er auch oft mit dem Rade nach Leipzig zu den Sitzungen der TVL, die damals im Italienischen Garten oder im Restaurant Schicher am Königsplatz in der Kramerstraße stattfanden. Da ist er oft nach 1 Uhr früh mit dem Rade zurückgefahren, wobei ihm die vielen Bauernwagen mit Gemüse usw., die sonnabends zur Markthalle fuhren, auf der einsamen Straße entgegenkamen. Da hieß es immer gut aufpassen und scharf rechts fahren, denn oft schliefen die Kutscher auf dem Bock. Er ist aber immer gut vorbeigekommen. Der Autoverkehr war damalsallerdings noch nicht so stark wie später nach dem Weltkrieg.

Ab 1926 arbeitete Franz wieder bei den Pittlerwerken nach Leipzig und fuhr täglich mit dem Rade von der Schützenstraße am Bahnhof vorbei – bei schönem Wetter durch das Rosenthal den Scherbelberg und den Marienweg entlang nach Möckern und von hier durch die Hallesche oder Fuchs-Nordhoff-Straße zur Fabrik. Es waren 6 bis 7 km, die er in 30 Minuten schaffte. Oder er fuhr auch durchs Rosenthal über den Schützenhof auf dem Radfahrweg, der durch die Göttge, am Wilden Mann und am Leutzscher Bahnhof  vorbei durch die Burgaue und die Rittergutsstraße nach Wahren führt. Die Fahrt dauerte 5 bis 10 Minuten länger, dafür konnte er durch den Wald fahren. Nur bei schlechtem Wetter nahm er den direkten Weg vom Bahnhof durch die Bahnhofstraße, die Eutritzscher und die Hallesche Straße nach Wahren, wobei er sich im Winter bei nasser oder vereister Straße sehr vorsehen musste, um nicht auszurutschen, denn es ist ihm einmal in der Eutritzscher Straße passiert, dass er durch die Gleise der Straßenbahn und das Kopfpflaster ausgerutscht ist, glücklicherweise ohne Schaden genommen zu haben.

Im Jahre 1928 beschloss Franz mit Herrn Lindner eine Radtour nach Paris zu unternehmen. Um die Ferien möglichst auszunutzen, beschlossen sie, die Osterfeiertage dazu zu nehmen, sodass sie am Karfreitag früh abfahren konnten. Zu diesem Zweck hatte Franz vorher ihre Radtour in einem Taschenbuch kartographisch genau aufgezeichnet, um eine Irrfahrt mit dem Rade auszuschließen. Dabei nahm er die Generalstabskarte des Deutschen Reiches 1:100000 und die ihm zur Verfügung stehenden Städtepläne von Weißenfels, Naumburg, Weimar, Erfurt, Gotha, Eisenach, Fulda, Darmstadt, Metz, Reims, Paris, Brüssel Löwen, Lüttich, Aachen, Köln, Kassel, Nordhausen, Halle mit Einzeichnung der Nebenwege, um abzukürzen, unter Angabe der Steigungen, Wälder, Flüsse usw.

Sie trafen sich also früh gegen 4 Uhr in Schönau, Lindner von Wahren kommend und Franz von der Schützenstraße 17 und fuhren gleich weiter, bei etwas Gegenwind über Markranstädt, Quesitz, am Gustav Adolf Denkmal vor Lützen vorbei und durch die Stadt Lützen weiter, dann über Röcken, Görsten und Weißenfels bergauf über die Bahnstrecke Weißenfels-Zeitz, dann von der schönen Aussicht auf der Höhe weiter und bergab nach Plennschütz, um nach Wethau wieder hinauf zu fahren. Hinter der Bahnkreuzung Teuchern-Naumburg ging es dann bald bergab Richtung Naumburg an der Saale, welche sie südlich umfuhren, um auf dem schönen Radweg und der guten Straße über Altenburg und Schulpforta, dem 1137 erbauten Kloster, welches die Schul- und Erziehungsanstalt „Fürstenschule“ beherbergt, über die Saalebrücke, wo ein Brückengeld von 2 Pf. noch erhoben wurde, nach Bad Kösen zu gelangen. Hinter dem Bahnhof Bad Kösen ging es dann an der Saale entlang an der bekannten Sommerfrische „Die Katze“ vorbei über die Eisenbahngleise Halle-Erfurt über Lengefeld an der Eisenbahn entlang, an den bekannten Ruinen der Rudelsburg und der Saaleck rechts vorbei, dann über eine bergige Straße und die Überbrückung der Saale bergab vor der Eisenbahnbrücke Naumburg-Jena abzusteigen und einige Brote und einen Schluck Kaffee aus der Thermosflasche im Freien einzunehmen. Die ersten 63 bis 65 km hatten sie bei schönem Wetter zurückgelegt. Nach 20 Minuten ging es weiter über die Saalebrücke bei Großheringen und rechts an dem Bahnhof Großheringen vorbei an der Bahn entlang am Rande von Bad Sulza entlang durch einen Park hindurch, um hinter dem Park weiter über Darnstedt zu fahren. Weitere Ortsdurchfahrten waren Niedertrebra, Obertrebra, Flurstedt nach Apolda, um bergan nach Nieder-Roßla auf der Hauptchaussee Bad Kösen-Weimar zu gelangen. Dann führen Sie über Rödigsdorf weiter nach Schwabsdorf, wo eine Tante von Frau Henkel wohnte, die sie auch besucht haben. Sie wurden zum Frühstück eingeladen, bekamen gutes Brot mit Butter, Wurst und einem Glas Milch, sodass sie gesättigt nach 1 ½ Stunde weiter fahren konnten, denn es war inzwischen 1 Uhr mittags geworden und sie wollten eigentlich noch bis Gotha kommen.

Nach herzlichem Abschied von Tante und Onkel fuhren sie auf der Hauptchaussee, die Napoleon I. früher hatte anlegen lassen, weiter über Umpferstedt und an dem Webichtwald links vorbei hinab nach Weimar am Unteren Graben und am Graben um die Innenstadt herum und am Nationaltheater rechts vorbei, die Erfurter Straße hinauf am Berkaer Bahnhof vorbei, geradeaus über Nohra, Mönchenholzhausen und durch Neuschmidstädt bergab nach Erfurt. Die Innenstadt ließen sie rechts liegen, überfuhren die Gera und schoben die Räder die Gothaer Straße entlang bis Schmira. Dann ging es auf ebener Straße weiter über die Wasserscheide der Elbe und Werra und durch die Dörfer Frienstedt und Gamstädt bis Tüttleben, wo sie sich entschlossen zu übernachten. Sie hatten ca. 133 km zurückgelegt und wollten sich nicht überanstrengen.

Franz ging in den scheinbar größten Gasthof, um ein Zimmer für die Nacht zu bestellen und traf im Flur den ziemlich robusten Gastwirt, der auf seine Frage, ob sie ein Zimmer bekommen könnten, zuerst dieselbe bejahte. Als er aber weiter fragte, ob sie früh um 4 Uhr weiterfahren könnten, wurde er wild und ziemlich grob und schrie, das ginge nicht, so früh ständen sie nicht auf, denn sie gingen spät ins Bett. Er musste also wieder abziehen und ging zu seinem Freund Lindner zurück, der draußen solange gewartet hatte, um ihm über die Unverschämtheit des Wirtes zu berichten. Sie schoben mit den Rädern etwas weiter bis zu einem kleineren Gasthof direkt an der Straße, wo sie die Wirtin freundlicher aufnahm. Aus Vorsicht frug er gleich, ob sie um 6 Uhr früh weiterfahren könnten, was die Wirtin bejahte, da sie wegen der Landwirtschaft sowieso früh aufstehen mussten. Nachdem sie zu Abend gegessen und getrunken hatten, legten sie sich zeitig zu Bett und haben dort sehr gut geschlafen. Am anderen Tag, es war Sonnabend, fuhren sie kurz nach 6 Uhr früh Richtung Westen weiter über Liebleben hinab nach Gotha, welche sie umfuhren, um durch die steigende Eisenacher Straße wieder hinaus zu fahren. Über die freundliche Warte und Trügleben, das von weitem zu sehende Aspach und Teutleben fuhren sie der Hörsel entlang weiter nach Mechterstädt, wo sie die Eisenbahnstrecke nach Eisenach überquerten, um über Sattelstädt, Kalberfeld, Schönau, Wutha und Fischbach nach Eisenach zu gelangen.

Dort  telefonierte Franz mit seinen Töchtern, die Lotte und Alice, die zufällig in Eisenach bei einem Zusammentreffen der Neuländerinnen waren, um sich mit ihnen in einem Restautarionsgarten zu treffen. Nach einer Viertelstunde waren sie auch da und so war es bei dem schönen Wetter ein schönes Beisammensein. Um die Mittagszeit führen  sie wieder weiter durch die Innenstadt und die Kasseler Straße hinaus bis zum Dorfe Stedtfeld, wo sie in einem Gasthaus einkehrten. Es war inzwischen sehr warm geworden, sodass die Kehle ausgetrocknet war. Sie tranken Milch, wodurch der Durst gerade nicht gelöscht wurde. Es ging aber bald weiter über Hörschel und dann die Werra aufwärts über Neuenhof, Göringen an der Ruine Brandenburg vorbei, Lauchröden, Sallmannshausen, Neustädt a. d. Werra Gerstungen, Untersuhl, Berka, Dippach, Leimbach bei Heringen und Wölfershausen an der Werra (97 km von Leipzig), wo sich  der Durst zurückmeldete, sodass sie nochmals einkehren mussten, um wieder Milch zu trinken, denn Bier wollten sie möglichst vermeiden. Unterwegs hatte Franz seine Profilkarte von Mittelbach, Sektion Erfurt, zwischen Sollmannshausen und Neustädt verloren, sodass er etwas zurückgefahren ist, um die Karte zu suchen, leider ohne Erfolg, wodurch er doch sehr missgestimmt war. Plötzlich war ihm die Lust weiter zu fahren, vergangen, ohne jedoch müde zu sein. Franz teilte sein Befinden auch Lindner mit, der merkwürdigerweise nicht viel widersprach. Sie fuhren also zurück wie sie gekommen waren an der Ruine Brandenburg wieder vorbei nach Eisenach, wo sie den Abendzug nach Leipzig noch rechtzeitig erreichten. In Leipzig angekommen, fuhr er gleich nach Hause zur Überraschung von Helene, die mit einer so schnellen Rückkehr nicht gerechnet hatte.

1928 holte er die Reise nach Paris nach, dieses Mal allerdings ohne Kompagnon.

1929 wollte Franz mit dem Rade nach England fahren um seine Cousine in Market Rasen und auf dem Weg dorthin seine Tochter Alice in Hermannrode zu besuchen. Auch zu dieser Tour mit dem Rade nach England hatte er ein Taschenbuch mit Landkarten gezeichnet über Merseburg, Alstedt, Nordhausen, Hermannrode, Hann. Gmünden, Kassel, Warburg, Paderborn, Dortmund, Bochum, Essen, Duisburg, Crefeld, Viersen, Roermond, Brée, Bunry-Leopold, Gheel, Lier, Mecheln, Brüssel, wo er seine Schwester besuchen wollte. Von hier sollte es weiter über Alert, Gent, Brügge bis Ostende gehen und mit dem Dampfer nach Dover, um dann durch England mit dem Rade weiter zu fahren über Canterbury nach London und weiter über Cambrigde, Peterborough und Lincoln nach Market-Rasen zu seinem Cousin John und von hier nach Crowle zum anderen Cousin Vincent Booth. Die Rückfahrt wollte er mit dem Rade von Crowle nach Grimsby nehmen, um von hier mit dem Dampfer nach Antwerpen zu fahren und dann, wenn nichts dazwischenkam, ebenfalls zurück mit dem Rade über die bekannten Strecken. Leider hatte er nicht mit schlechten Wetter gerechnet, sodass die ganze Arbeit bald umsonst war. Trotzdem hat ihm das Aufzeichnen der voraussichtlich zu fahrenden Strecke in den Abendstunden viel Spaß gemacht.

Während der Ferien 1929 setzte sich Franz aufs Rad und fuhr an einem Sonnabend früh über Lindenau, der Merseburger Straße entlang bis kurz vor Rückmarsdorf, wo er feststellen musste, dass er seinen holländischen Pass vergessen hatte und umkehren musste, um den Pass zu holen. Es war ein schlechtes Omen für die Reise, denn dadurch ging ihm mindestens eine Stunde verloren. Er fuhr also nochmals los, und jetzt ging es weiter über Zöschen, Wallendorf durch Merseburg hindurch nach Bad Lauchstädt zu und dann weiter über Schafstädt, Querfurt, wo es dann bergauf ging nach Lodersleben durch den Allstedter Wald und dann ziemlich steil herab nach Allstedt, wo er sich ausgeruht, gut zu Mittag gegessen und getrunken hat. Nach 1 ½ Stunden ging es weiter über Oberröblingen, und dann Sangerhausen rechts lassend, zur Hauptstraße Halle-Nordhausen, wo er von Wallhausen wieder auf die Hauptstraße kam. Dann ging es teilweise ziemlich steigend und fallend über Roßla, Berga, Görsbach, Urbach bis Bielen, wo er im Gasthof ohne Erfolg nach einem Nachtquartier fragte. Er fuhr also weiter bis Nordhausen. Hier bekam er eine Unterkunft und ein gutes Abendbrot. Da es in der Nacht geregnet hatte und die Wege durchweicht waren, fuhr er am nächsten Sonntag mit der Bahn vom Bahnhof Nordhausen weiter bis Eichenberg, um seine Tochter Alice in Hermannrode im Pfarrhaus zu besuchen. Bis Nordhausen hatte er 72 km per Rad zurückgelegt plus die anfänglich zurückgelegten 7 km bis Rückmarsdorf und zurück. Er setzte sich also wieder aufs Rad, um über Berge und Neuenrode nach dem 6 ½ km noch entfernten Hermannrode zu gelangen, wo er leider bei strömenden Regen und einem schweren Gewitter ankam. Vom Herrn Pfarrer und seiner Frau wurde er sehr freundlich empfangen und zum Mittagessen eingeladen. Währenddessen tobte das Gewitter draußen weiter. Alice schien es dort sehr gut zu haben, hatte aber den ganzen Tag über als sogenannte Haustochter sehr viel zu tun. Nachdem sich das Gewitter verzogen hatte, fuhr er mit dem Rade durch aufgeweichte Straßen zurück nach Eichenberg, um mit der Bahn nach Leipzig zurück zu fahren, denn es hatte keinen Zweck, eine Radtour bei solch schlechten Wetter nach England zu unternehmen.

1931 arbeitete seine Tochter Alice als Kindergärtnerin und Hortnerin nach Steinberghaff in Schleswig-Holstein in ein Kindererholungsheim. Im Monat Juli 1931 beschloss Franz während der Ferien Alice in Steinberghaff mit dem Rade zu besuchen in Verbindung mit dem Besuch des Städtchens Himbergen in der Lüneburger Heide, das wie sein Name im Atlas verzeichnet ist. Am 27. Juli fuhr er also von der Schützenstraße ab, um über Gohlis durch die Lindenthaler Straße und über Lindenthal, Radefeld, Zwochau, Kölsa nach Landsberg zu gelangen und nach Kreuzung der Chaussee Berlin-Halle weiter über Spören durch die kleine Stadt Zörbig zu fahren. Zwischen Zörbig und Radegast war es eine ödere Strecke, wo die Chausseebäume jedenfalls durch die Gase der links rauchenden Schornsteine wie abgestorben ausahen. Es ging der Kleinbahn entlang weiter über Prosigk und Köthen, durch die Stadt Köthen und weiter auf der Straße nach Bernburg bis Kleinpaschleben, wo er rechts abbog, um nach Nienburg an der Saale zu gelangen. Die Stadt ließ er links liegen und fuhr am rechten Ufer der Saale über Wedlitz und dann die Saale überbrückend nach Calbe hinein und über Kleinmühlingen nach Bad Salzelmen ca. 93 km von Leipzig. Hier stieg er vom Rade ab und bekam an einem Verkaufsstand etwas zu essen und trank auch eine Limonade, bevor er nach Frohse und weiter über Westerhüsen, Fermersleben nach Buckau weiterfuhr. In der Stadt Magdeburg fuhr er durch die Seydlitzstraße, die Sternstraße und den Breiten Weg immer der Straßenbahn entlang über den Kaiser-Wilhelm-Platz und weiter durch Magdeburg-Neustadt. Er fuhr 118 km durch bis Barleben, wo er in einem Gartenlokal ein wenig versuchte, neue Kraft zu sammeln bei einer Tasse Kaffee und einigen Brötchen. Dann ging es auf der Straße nach Stendal weiter bis zum Mittellandkanals, der damals noch gebaut wurde. Die Baustellen passierte er, indem er das Rad schob, um dann nach Wolmirstedt zu gelangen. Von Colbitz aus ging es die Hauptchaussee weiter durch die schöne Letzlinger Heide nach Dolle und von hier links abbiegend durch den schönen frischen Wald weiter nach Salchau. Hinter Salchau stieg er ab und konnte sich im Walde eine halbe Stunde an Himbeeren reichlich satt essen, denn er war ganz allein in der Gegend. Dann fuhr er weiter immer durch schöne Wälder über die Barriere Zienau nach Gardelegen hinein, 160 km von Leipzig, wo er nicht weit vom Bahnhof ein gutes Zimmer zum Übernachten fand. Auch das Abendbrot und der Weißwein mit Mineralwasser haben ihm gutgetan. Es war sein Prinzip, beim Radfahren möglichst kein Bier zu trinken, dagegen von Zeit zu Zeit ein Stück Zucker oder Schokolade zu essen, um die Muskeln zu stärken, was ihm immer sehr gut getan hat und seine Leistungsfähigkeit erhöhte.

Am anderen Tag gegen 6 Uhr früh ging es dann weiter durch Gardelegen auf der Straße nach Salzwedel über Jeggau, Wiepke-Kakerbeck, Winterfeld, Mahlsdorf und Buchwitz durch die Altmark, wobei ihm auffiel, dass besonders beim Durchfahren von Kakerbeck die wellige Straße sehr schmutzig war durch den Kot der Zugtiere, sodass man seine Not hatte, dem Schmutz auszuweichen. So schmutzig sind die Dörfer in Sachsen nun doch nicht. In Salzwedel hielt er sich nicht auf, sondern fuhr gleich weiter über Lübbow bis Lüchow, wo er links in die Straße nach Uelzen einbog, um über Küsten und Salderatzen bei Zarenthin die Straße nach Himbergen zu erreichen. Die ging auch rechts in nördlicher Richtung ab. Kaum hatte er den Wald erreicht, da fing es an zu regnen, zu blitzen und zu donnern, sodass er, es war wohl bei Polau, Schutz suchen musste. Bei aufgeweichtem Boden ging es durch den Wald weiter, und so kam er in Hohenzethen auf eine bessere Straße und über Stoetze und Boecke glücklich nach dem Dorf Himbergen ca. 85 km von Gardelegen und 245 km von Leipzig, wo er gleich im Gasthaus Meyer Unterkunft fand. Es muss wohl gegen 6 oder 7 Uhr abends gewesen sein. Nachdem er einen Rundgang durch den Ort gemacht und ein gutes Abendbrot eingenommen hatte, legte er sich zu Bett, um am anderen Tag gegen 6 Uhr früh durch die sogenannte Göhrde, einem 270 km2 großen Laubwald, weiter zu fahren. Zuerst ging es in östlicher Richtung bis zum Försterhaus „Hohenfier“, wo er die nach Norden abzweigende Straße Richtung Elbe einschlug und durch den großen Forst Göhrde und die Orte Oldendorf nach Bleckede an der Elbe kam, um mit einer Fähre auf die andere Seite der Elbe zu gelangen ungefähr bei Stiepelse in der Nähe von Neuhaus an der Mecklenburger Landesgrenze. Auf Nebenwegen kam er dann auf die Hauptstraße nach Boizenburg. An der Straße merkte man schon, dass man nicht mehr in Preußen war, denn die Straßen waren hier bedeutend schlechter als zu Hause und sogar als in Preußen. Er fuhr aber gleich weiter in nördlicher Richtung über Schwartow nach Zarrenthin am Schaalsee. Er war an das westliche Ende der Mecklenburgischen Seenplatte geraten. Der Weg am See entlang in die Richtung von Ratzeburg war auch sehr schön und abwechslungsreich und zwischen Land und Wasser.

Vom Schaalsee führte die Straße nach Ratzeburg, das idyllisch am Ratzeberger See liegt, wobei die Stadt selbst teilweise auf einer Insel gebaut ist. Die Straße führte ihn 10 km an dem See entlang über Großsarau nach Großgrönau und von hier nach der alten Stadt Lübeck in Oldenburg, die ihn ob ihrer mittelalterlichen Gebäude sehr interessiert hat. Er durchfuhr die Stadt, von Süden kommend, durch das alte südliche Holstentor, wo er bis in die Nähe des Marktes fuhr, das gotische Rathaus und die bekannte Marienkirche besuchte, um dann westlich weiter zu fahren über die Vorstadt Schwartau nach Süsel, um dort zu übernachten, denn es war inzwischen schon gegen 8 Uhr abends geworden und es schien wieder regnen zu wollen. Auch hier in Süsel gab es gut zu essen und ein Bett zum Schlafen. Am anderen Tag ging es dann weiter nach Eutin in die sogenannte Holsteiner Schweiz mit den schönen Hügellandschaften und den vielen Seen. Leider fing es wieder zu regnen an, sodass seine Absicht über Malente, die schönste Gegend der Holsteinischen Schweiz zu fahren, aufgab, und von Eutin aus direkt nach Plön, das reizvoll zwischen den vielen Seen liegt, fuhr. Leider fing es gerade hier an stärker zu regnen, sodass er öfters absitzen musste, um nicht zu nass zu werden. Es war wohl die schönste Gegend der ganzen Tour mit dem großen Plöner See und der Stadt Plön, die zwischen 5 Seen liegt. Er konnte leider die abwechselnde schöne Gegend nur im Vorbeifahren bewundern, denn der Regen wurde immer stärker. Er durchfuhr noch die Ortschaften Lebrade und Preetz, wo er gezwungen war, etwas länger zu warten, bis er weiter fahren konnte. Aber der Regen hörte nicht auf, sodass er in Raisdorf einkehren musste, um etwas besseres Wetter abzuwarten. Er hatte nur noch 7 km zu fahren bis zum Bahnhof in Kiel und er nahm sich vor, von Kiel aus die Bahn zu benützen, um am gleichen Tag noch nach Steinberghaff zu kommen. Sowie der Regen wieder etwas nachgelassen hatte, fuhr er auf der durchnässten Straße weiter über Elmschenhagen nach Kiel und gelangte nach 12 Uhr Mittag in die Hauptstadt der Provinz Schleswig-Holstein. Vom Hafen und von der Stadt hat er nicht viel gesehen, weil er direkt zum Bahnhof gefahren ist, um sich nach dem nächsten Zug zu erkundigen, der wohl nach 13 Uhr in Richtung Flensburg abfuhr. Er löste gleich eine Fahrkarte nach Sörup, da die Verbindung nach Steinberg über Kappeln ungünstig war. Er musste dann von Sörup nur noch 20 km mit dem Rade zurücklegen bis Steinberghaff. Mit den 50 km von Süsel bis Kiel hatte er an diesem dritten Tag nur rund 70 km zurückgelegt. Er fuhr dann von Kiel über Eckernförde in das Land der alten Angeln, die früher England erobert hatten (449 n. Christus) und kam auch glücklich in Sörup an, wo er sich wieder aufs Rad setzte und, da sich das Wetter hier aufgeklärt hatte, über Sterup und Steinberg mit dem Rade in Steinberg gegen 5 Uhr Nachmittag in Steinberghaff an der Geltinger Bucht der Ostsee anlangte. Das Kindererholungsheim, in dem Alice beschäftigt war, war leicht zu finden und auch bald Alice selbst, die ihm empfahl, im Gasthaus „Waldeslust“ oder „Waldesruhe“ abzusteigen. Er hat sich das kleine Ostseebad mit Alice angesehen, ein einfaches Bad mit einem schlichten Strandhotel. Gegenüber der Geltinger Bucht über der Flensburger Förde liegen die Alsen Inseln im Kleinen Belt, das vor 1918 zu Preußen gehörte und jetzt dänisch geworden war. Er ist wohl 2 Nächte dort geblieben und hat dann von Alice Abschied genommen, um nach Bremen zu fahren und seinen Schwager Emil Mester zu besuchen. Er fuhr also nach 2 Tagen mit dem Rade wieder weiter über Steinberg  nach Sterup und weiter über Osterholz und Grumby nach Schleswig. Er umfuhr die wasserreiche Stadt südlich über Busdorf, Jagel und Kropp nach Rendsburg. Dann ging es weiter über Jevenstedt und Hohenwestedt sowie durch die Stadt Itzehoe. Über Neuenbrook kam er dann bald in Glückstadt an, das am rechten Ufer der hier 3000 Meter breiten Elbe liegt, wo er auch sofort einen Gasthof zum Übernachten fand. Von Steinberghaff hatte er also schon wieder 120 km zurückgelegt, ohne eine Müdigkeit zu spüren. Am nächsten Tag ließ er sich mit dem Rade über die breite Elbe mit einem Fischerkahn übersetzen und landete an dem Ort Wischhafen im Kehdinger Land. Auf der zur Elbe parallel laufenden Uferstraße fuhr er auf schlechtem Pflaster bis Neuland, wo rechts der Weg abzweigte nach Osten durch das Kehrdinger Moor über Altendorf. Hier im Osten kam er zu einer schwenkbaren Hebebrücke über der Oste, einem schiffbaren Fluss, der von Bremervörde kommend sich bei Neuhaus in die Elbe ergießt. Nach der Kreuzung der Straße Cuxhaven-Harburg Bahnlinien Cuxhaven-Harburg-Hamburg kam er auf guter Straße über Lamstedt, Armstorf, Alfstedt und Ebersdorf nach Glinde, wo er die Stadt Bremervörde links liegen ließ und über eine Abkürzung die Hauptstraße nach Bremen erreichte und über Basdahl, Kuhstedt, Wallhöven, Osterholz erreichte, das nur noch 12 km von Grambke lag, wo sein Schwager Emil zu Hause war. Von Osterholz fuhr er weiter über Ritterhude nach Burgdamm am Bahnhof Burg-Lesum vorbei und über die Lesumbrücke nach Grambke-Moor und dann die schönen Allee entlang auf dem Radfahrweg nach der Grambke-Burger Vorstadt, wo in der Dwerhagenstraße Nr. 15 Emil und Ella Mester eine Weinhandlung führte. Er hatte also wiederum 95 km zurückgelegt und war glücklich angekommen ohne Unfall und bei gutem Wetter. Es war auch erst gegen 5 Uhr nachmittags, sodass sie sich noch gut unterhalten konnten. Von Steinberghaff hatte er 215 km zurückgelegt. Mit Emil war er dann am nächsten Tag in Bremen zum Besuch einer Weinniederlage, wo sie einige Wein­sorten probieren konnten. Auch hat er mit seinem Schwager und seinen Schwägerinnen den Bremer Ratskeller besucht, wo er auch früher mit seiner dritten Frau Martha und noch später mit Helene gewesen war. Bei dem schönen Sonnenwetter saßen sie meistens im Garten des Weinhauses und haben sich gut unterhalten. Nach 2 oder 3 Tagen fuhr er dann in Emils Begleitung weiter nach Hannover zu. Sie fuhren Morgens zeitig von Grambke fort direkt über Wiesen und Felder am Handelshafen und der Weser-Werft vorbei hinter der Waller-Vorstadt und weiter bis zum Stadtzentrum, also durch die Hauptstraße der inneren Stadt bis zum Markt, wo sie rechts nach Süden abschwenkten, um über die Weserbrücke die Straße nach Hannover zu erreichen. Und so fuhren sie zusammen über Brinkum und Barrien bis Syke, 28 km von Grambke, wo sie sich trennten, Emil.

Er fuhr also weiter über Asendorf, Wietzen und Lemke bis vor Nienburg, um über die Weserbrücke zu fahren und in Nienburg sich etwas auszuruhen bei einem Glas Wein und ein paar belegten Brötchen. Er fuhr auf der nicht besonders guten Straße bald weiter und gelangte nach Neustadt am Rübenberge und weiter nach Überbrücken der Leine über Frielingen und Berenbostel bald in die Vorstädte von Hannover, nachdem er die Bauarbeiten am Mittellandkanal im Nordwesten der Stadt beobachten hatte. Zuerst kam er am Schloss Herrenhausen an, der früheren Sommerresidenz der Hannoverschen Kurfürsten und Könige mit dem großen Garten nach dem Vorbild von Versailles angelegt, wovon von der Nienburger Straße aus jedoch nicht viel zu sehen war. Durch die Herrenhäuser Allee und den Georgengarten fuhr er weiter an der links liegenden Technischen Hochschule (dem früheren Welfenschloss) vorbei, wo er vor Jahren seine Vorträge mit praktischen Vorführungen über die Pittler-Revolverdrehbänke gehalten hatte. Durch die Lange Laube und die Schillerstraße fuhr er direkt zum Bahnhof. Da es ziemlich spät geworden war, nahm eine Fahrkarte nach Peine, wo er dann um 8 Uhr abends ankam. Er fand sofort die Wohnung in der Woltersdorfer Straße wieder, wo Erich und Meta mit der Tochter Ruth wohnten.

Scheinbar war Erich in die Nationalsozialistische Partei eingetreten, denn er hatte die Kopfwand an der Chaiselongue in der Wohnstube mit einem Fahnentuch der Partei mit dem Hakenkreuz geschmückt, worauf Franz als Gegner eine abfällige Bemerkung fallen ließ, denn Hans entgegnete: Vater Franz, mach mich nicht schwach. Bei seinem vorigen Besuch im Jahre 1925 war Hans noch Mitglied der kommunistischen Partei gewesen, worüber seine Mutter sehr ungehalten war und ihm immer Vorwürfe gemacht hatte. Nach einem Tag bei Erich fuhr mit der Bahn nach Leipzig, da das Wetter zu unsicher geworden war.

Die Tochter Martel der Frau Henkel hatte in Magdeburg die Bekanntschaft eines Herrn Emil Metz gemacht, der auch später ihr Mann wurde. Da die beiden sich gern wieder treffen wollten, hatten sie ausgemacht, sich halbwegs zwischen Magdeburg und Leipzig zu treffen und Franz erklärte sich bereit, Martel bis Dessau mit dem Rade zu begleiten, was dann auch an einem Sonntag geschah. Sie fuhren frühzeitig von der Schützenstraße los und kamen über Delitzsch bei schönem Wetter auch glücklich in Dessau an, wo sie in einem Garten in der Nähe des Bahnhofes zusammen beim Bier gefrühstückt haben. Nachdem sie sich ausgeruht und gestärkt hatten, fuhren sie zu dritt der Straße nach Ziebigk entlang und an dem Ort vorbei bis zur Elbe, wo sie sich am Ufer niederließen und das Leben der Ausflügler beobachten konnten. Emil machte sich sogleich zum Bade fertig und sprang zuerst in den Fluss. Gegen 4 oder 5 Uhr nachmittags fuhr Franz dann allein zurück nach Leipzig, da Martel die Rückfahrt lieber mit dem Zug zurücklegen wollte, es war ihr scheinbar doch etwas zu weit gewesen von Leipzig bis Dessau.

Während der Ferien besuchten Frau Henkel und Franz im Jahre 1934 die inzwischen Neuvermählten Martel und Emil in Halberstadt, wobei Frau Henkel mit der Eisenbahn und Franz wie schon so oft mit dem Rade hinfuhr, um dann von Halberstadt aus weiter zu seiner Schwester nach Brüssel zu fahren. Er fuhr also früh gegen 5 Uhr von der Tauchaer Straße ab und durchs Rosenthal nach Wahren an der Pittler-Fabrik vorbei über Schkeuditz nach Halle der altbekannten Chaussee entlang. In Halle fuhr er weiter über den Riebeckplatz, die Magdeburger- und Ludwig- Wacherer-Straße am Altertumsmuseum vorbei nach Trotha zu und von hier bergan über Morl und dann bergab und leicht wellig nach Könnern und Alsleben. Nachdem er hier etwas zu Mittag eingenommen hatte, ging es weiter über Schackstedt und Mehringen nach Aschersleben. Die Stadt wurde durchfahren am Rathaus vorbei und es ging weiter über Hoym nach Quedlinburg, wo er sich eine Weile ausruhte bei einer Limonade, um dann um die Stadt herum die Straße nach Halberstadt zu erreichen. Er fand ohne Mühe die Straße, in der Martel und Emil wohnten im Süden der Stadt. Er blieb 2 oder 3 Tage in Halberstadt, um zusammen die Stadt und die Buchhandlung in der Schmiedegasse, wo Emil angestellt war, zu besuchten Nach 3 Tagen fuhr er mit dem Rade früh morgens weiter bei bedecktem Himmel durch die Steinstraße zur Chaussee nach Braunschweig und über Aspenstedt, Athenstedt nach Dardesheim und Hessen, wo es stark zu regnen anfing, sodass er gezwungen war, sich einige Minuten unterzustellen. Trotz des Regens fuhr er aber weiter durch den großen Graben über Roklum, Semmenstedt, Remmlingen, Wittmar und Wendessen bis Wolfenbüttel. Dort war er wegen des Regens gezwungen einzukehren. Nachdem er sich etwas ausgeruht und der Regen aufgehört hatte, fuhr er gegen 2 Uhr nachmittags weiter auf der Hauptstraße nach Braunschweig bis Rüningen, dort bog er links ab, um die Stadt Braunschweig nicht durchfahren zu müssen, und über Timmerlah, Velchede die Hauptstraße nach Hannover zu erreichen, wo er ganz gut und ziemlich trocken ankam. Er fuhr aber weiter Richtung Hannover und kam dann bald nach Siersse und Dungelbeck an der Querstraße, die nach Peine führte. Nach 87,5 km war er von Halberstadt am Ziel seiner Tagestour angelangt und fand auch bald die Wohnung, wo Meta Henkel jetzt wohnte in einer Straße im Norden der Stadt. Meta freute sich sehr, dass er trotz des Wetters gut angekommen war und ging mit ihm, nachdem er etwas eingenommen hatte, in die Stadt, um Verschiedenes einzukaufen. Erich war nicht anwesend, da er 1933 durch seine früheren NS Parteifreunde gefangen genommen worden war und danach in verschiedene Konzentrationslager wie Celle, Königsberg, Dachau usw. war, wobei er sehr viel zu leiden gehabt hat, denn seine ganzen Zähne hat er neu einsetzen lassen müssen.

Am nächsten Tag, nachdem er gut geschlafen hatte, nahm er von Meta Abschied und fuhr durch Peine zurück zur Straße nach Hildesheim und kam bei schönem Wetter über Rosenthal, Hohenhameln, Clauen, Harsum und Asel in der Peiner Landstraße in Hildesheim an (32,5 km). Beim Durchfahren der Stadt konnte er die vielen mittelalterlichen Holzhäuser bewundern. Nachdem er das Rad über den alten Markt geführt hatte, fuhr er weiter durch die Kreuzstraße über den Domhof und durch die Dammstraße zur Elzerstraße, um die Straße nach Hameln zu erreichen. Vor Elze überfuhr er die Leine und kam dann über Mehle, Coppenbrügge und Afferde gegen Mittag in Hameln an. Er schob das Rad durch die Stadt und kehrte zum Mittagessen ein. Dann ging es weiter über die Weserbrücke und über Aerzen, Blomberg und Horn an den Externsteinen vorbei nach Paderborn, wo er gegen 20 Uhr abends ankam. Hier nahm er in der Nähe des Bahnhofs ein Zimmer. Am andern Morgen sah der Himmel wieder sehr trüb aus und das Wetter war regnerisch, sodass er zuerst gar nicht weiterfahren wollte. Da es sich jedoch etwas aufklärte, fuhr er weiter und kam verhältnismäßig gut in Salzkotten, Geseke, Erwitte und Soest an, wo er sich die alte bergige Stadt genauer ansah. Da er annahm, am nächsten Tag die holländische und die belgische Grenze bei Roermond zu überfahren, wollte er hier in Soest etwas deutsches Geld in belgische Belgas umwechseln und versuchte es in einer Bank gewechselt zu bekommen. Es wurde ihm aber gesagt, dass das Wechseln in Deutschland nicht mehr möglich sei und er es nur an der Grenze selbst wechseln könne, sodass ihm weiter nichts übrig blieb, als die Reise fortzusetzen und sein Glück in Roermond zu versuchen. Das war also der erste Rückschlag in seiner Planung. Er fuhr der Hauptstraße entlang weiter nach Werl und Unna, wo es wieder anfing tüchtig zu regnen. Er kam glücklich am Hauptbahnhof in Dortmund an, nachdem er von Paderborn 98 km zurückgelegt hatte. Nach einiger Überlegung entschied er sich dafür, die Reise nicht fortzusetzen und mit dem Zug zurückzufahren, da er ziemlich durchnässt war und sich mit dem nassen Anzug in Brüssel nicht gut sehen lassen konnte.

Das war seine letzte größere Reise mit dem Rade.