Sonntag – Münster
Nun ist es endlich soweit! Wir machen uns auf in Richtung Belgien mit einem Zwischenstop in Münster.
Kurz nach 8 Uhr sind wir bei regnerischem Wetter in Steinfurth gestartet, sind die A 20 bis Lübeck, dann weiter östlich an Hamburg vorbei, auf die A 1 von Bremen bis Münster (564 km) gefahren, wo uns das herrlichste Frühlingswetter erwartete. Ankunft: 13.35 Uhr im Ibis Hotel, Engelstraße. Nach ein paar Angstsekunden beim Einfädeln in den engen Autolift und kurzer Erfrischung ging es gleich ins Zentrum Richtung Domplatz. Auffallend sind die vielen Kirchen, wunderbaren Arkaden und liebevoll restaurierten Giebelhäuser.
Im Krieg wurde die Innenstadt stark beschädigt. Die Neubauten sind nicht immer gelungen, aber insgesamt ist Münster eine Stadt zum Wohlfühlen und sehr lebendig für einen Sonntagnachmittag. Krönender Abschluss war das Abendessen in der Gaststätte L’Osteria, die augenscheinlich bei den Münsteranern sehr beliebt ist. Werner hat sich für Reis mit Pilzen und ein dunkles Weizen entschieden, ich für eine wagenradgroße Pizza mit Spinat, Knoblauch, Käse, Ei (interessant!) und ein Glas Rotwein.
19.15 Uhr waren wir wieder im Hotel.
Noch sind wir nicht auf den Spuren des Großvaters, da er meines Wissens Münster nicht besucht hat. Aber die Stadt lag von Norden her wunderbar an unserer Route.
Montag – Brüssel
Am Morgen begeben wir uns zuerst zum Bäcker in die Münsteraner Altstadt, um zu frühstücken. Danach holen wir das Fotoshooting bei einem Rundgang bis zum Domplatz nach, da ich am Sonntag dummerweise die Kamera vergessen habe.
Gegen 10.45 Uhr brechen wir nach Brüssel auf, über Venlo und Maastricht. Nach 325 Kilometern erreichen wir die belgische Hauptstadt. Leider hatte ich versäumt, nochmals in Deutschland zu tanken. In den Niederlanden und Belgien war das Benzin so teuer, dass mich das dazu verleitet hat, das Tanken soweit hinauszuzögern, bis das Reservezeichen aufblinkte, da vor Brüssel plötzlich keine Tankstelle mehr kam bzw. nur eine winzige mit Selbstbedienung, mit der ich nicht zurechtkam. Das hat mich doch ziemlich beunruhigt.
Gegen 14.30 Uhr kamen wir völlig entnervt von dem großstädtischen Verkehr im Hotel Max an. Da Parken vor dem Hotel nicht möglich war, mussten wir auf dem Radweg im Halteverbot stehen. Im Hotel war Selbstbedienung angesagt: Einchecken am Automaten, der Parkplatz war ein Parkhaus, das sich 500 m weiter in einem Einkaufszentrum befand. Mit Gepäck können 500 Meter sehr lang sein. In Brüssel herrschten hochsommerliche Temperaturen, 26 – 28 Grad. Die Stadt macht auf den ersten Blick einen lauten und hektischen Eindruck. Aber ich habe das Auto heil in der Garage abgestellt und wir lassen es in Brüssel auch stehen und wollen mit öffentlichen Verkehrsmitteln fahren oder aber laufen.
Zuerst ging es natürlich zum Grote Markt.
Auf dem Weg dahin haben wir eine Möglichkeit zum Frühstücken für die nächsten Tage gesucht, da es in der Nähe des Hotels nichts zu essen gibt. Gar nicht so einfach, ein Lokal zu finden, das schon morgens geöffnet hat. Aber dann entdecken wir Paul, eine Bäckereikette.
Unser Spaziergang die nächsten Tage führt vom Hotel über den Place de Brouckèreplein zur Börse,
dann nach links zum Grote Markt, der nachmittags voller Menschen war, eine Seite leider eingerüstet, ansonsten wow! Eine Puppenstube ist nichts dagegen. Hinter dem Markt gegenüber der Galeries St-Hubert haben wir dann sehr gut gegessen (Werner Fisch, ich Lamm) und unser erstes belgisches Bier, ein Jupiler, getrunken.
Kaum hatte ich gesagt, es wäre schön, wenn jemand käme, der deutsch spricht und uns hilft, uns besser zurecht zu finden. Prompt setzte sich ein Mann mittleren Alters an unseren Tisch, der deutsch sprach und anbot, uns bei der Bestellung zu helfen.
Nach dem Essen gingen wir über den Platz mit dem Männeken Piss – ganz witzig aber eigentlich ziemlich unscheinbar –
und einem Platz mit mehreren Schwulenkneipen zur Börse zurück. In dem Jugendstil-Restaurant Falstaff machten wir Zwischenstation, um noch ein dunkles Leffe zu trinken.
Vielleicht war der Großvater auch in dieser Gaststätte, die direkt an der Börse gelegen ist, wer weiß? Auf jeden Fall gab es sie damals schon. Gegen 9 Uhr waren wir im Hotel.
Ach ja, die vielen Chokolaterien seien noch erwähnt! Jeden Tag haben wir uns eine andere Köstlichkeit geleistet.
Dienstag – Brüssel
Heute Morgen haben wir zuerst nach dem Auto gesehen, was glücklicherweise noch genauso dastand wie gestern, habe es in eine bessere Position gebracht, um leichter hinausfahren zu können. Auf der Suche nach Frühstück sind wir in einer Kneipe gelandet, die nur Getränke ausgeben durfte, haben aber einen sehr guten Kaffee bekommen.
Dann sind wir den Boulevard du Jardin Botanique, der in den Boulevard Leopold II. übergeht, entlang gewandert, weil ich der Meinung war, das Gebäude in der Ferne, welches mir gleich am ersten Tag bei der Fahrt zum Hotel aufgefallen war, sei der Justizpalast, war es aber nicht, sondern die Basilika Sacré-Coeur, auch ein Brüsseler Wahrzeichen.
Auf dem Weg dahin, das Gebäude wollte einfach nicht näher kommen, haben wir den Kanal von Charleroi, von dem der Großvater auch mehrmals berichtet hat, überquert
und diesen Herrn passiert.
Da wir die ganze Strecke nicht zurücklaufen wollten und gerade eine Straßenbahn kam, sind wir ohne zu überlegen eingestiegen. Leider war es die falsche Richtung und wir mussten zurück, der Bus hat uns dann wieder auf die Spur gebracht. Wir sind zu einem Beginenhof,
den wir nach einigem hin und her auch gefunden haben. Das Kriegerdenkmal links hätte dem Großvater sicher gefallen.
Übrigens war die Aussicht den weiten Weg wert. Wir haben einen guten Überblick über Brüssel bekommen.
Das Atomium haben wir gesehen und werden nicht mehr hin fahren. Dann sind wir über den Grote Markt zurück. Auf dem Weg haben wir wunderbare Skulpturen in einem kleinen Park entdeckt, z.B.
oder diese wundervolle Skulptur
Werner hat sich im Hotel ausgeruht und ich bin zur Rue St. Lazare – hier hat der Großvater vom 1. April 1880 bis zum 1. April 1886 mit seinen Eltern und seiner Schwester gelebt – gelaufen, immerhin die Straße gibt es noch,
habe die 3 alten Häuser fotografiert, die noch stehen. Möglicherweise sah das Haus, in dem die Familie van Himbergen wohnte, und welches der Großvater in seiner Biographie so ausführlich beschrieben und gezeichnet hat (siehe den Beitrag “Die Kindheit in Belgien”) ähnlich aus.
Der Botanische Garten, den der Großvater mit seiner Mutter oft besucht hat, existiert noch. Er ist zwar von häßlichen Hochhäusern umgeben, er selbst ist aber eine Oase in der Steinwüste.
Das Haus in der Rue St. Lazare gibt es nicht mehr. Einige Bäume hat Franz bestimmt auch schon gesehen.
Nach 17 Uhr sind wir zum Falstaff gegangen, haben wieder Bier getrunken, Werner ein Leffe, ich ein Chimay und etwas gegessen, um darauf mit einem Bier in der Kneipe vom Morgen den Tag zu beenden. Werner ein Delirium Tremens, ich ein Tournay Noire (Trapistenbier). Und natürlich gab es auch Konfekt.
Mittwoch – Brüssel
Heute Morgen haben wir bei Paul gefrühstückt, dann ging es weiter zum Grote Markt, um den Blumenmarkt zu bewundern.
Ein Stadtführer, der der deutschen Sprache mächtig war, hat uns angesprochen und uns netterweise erklärt, wie wir zum Parc de Cinquantenaire oder Jubelpark kommen, nämlich mit der U-Bahn Nr. 1 oder 5 Brouckerer Plain.
Wir haben es auch geschafft. Der Jubelpark ist ein riesiges Bauwerk, gebaut zur 50jährigem Wiederkehr der Unabhängigkeit Belgiens. Schön waren auch die wunderbar komponierten Blumenbeete.
Die große Moschee am anderen Ende des Parks
dient erst seit 1978 als Moschee.
Unter den Bäumen, die 1880 gepflanzt wurden, ist der Großvater bestimmt auch schon spazieren gegangen.
Denn er berichtet in seiner Biographie vom Jubelpark. Mit der U-Bahn sind wir dann auch zurückgefahren bis zur Zentralstation, um zum Kunstberg zu gelangen,
um das Koninklijke Musea vor de Schone Künsten van Belgiȅ mit der Sammlung Renè Magritte und dem Museum voor Oude Kunst mit solchen berühmten Künstlern wie Bosch, Brueghel, Franz Hals, Rubens usw. zu besuchen. Schon die Haupthalle ist überaus sehenswert!
Da wir von den Brüsseler Verkehrsbetrieben Fahrkarten geschenkt bekommen hatten, benutzten wir nach dem Kunstkonsum den Bus bis zur Börse – so stellt sich peu à peu ein Gefühl für die Stadt ein – sind in ein Restaurant mit Sprelakardmöbeln hineingestolpert, weil es beim Vorbeigehen besonders gut roch.
Und es war auch ein gutes Restaurant (Salatbar: Chicoree, Auberginen, Tomaten und als Hauptspeise Barsch mit Gemüse: Auberginen mit Tomaten und Zwiebeln und als Beilage ein Mix aus Kartoffeln, Spargel, Lauch, Zucchini alles al dente) sowie ein netter Kellner. Wir haben wieder ein Trappistenbier getrunken San Bernardino Prior Nr. 8. Langsam kommen wir auf den Geschmack. Nach einer kurzen Ruhepause geht es nochmals zum Grote Markt und um den Grote Markt herum.
Da wir mittags so fürstlich gespeist hatten, gab es am Abend nur Pommes und nochmals ein Leffe. Übrigens haben wir immer die obergärigen, d.h. die braunen Biere, bevorzugt. Einzig das Jupiler war blond.
Beim Konfekt haben wir den Schokolatier Leonidas gewählt. Köstlich! Hier noch das Foto eines dieser süßen Geschäfte.
Heute ist ein Feiertag. Das macht sich auch beim Verkehr stark bemerkbar, da es auffallend ruhig ist. Gut, um aus Brüssel herauszufinden. Nur haben wir immer noch das leidige Problem mit dem Benzin. Erst als wir schon fast vor Antwerpen sind, zeigt sich eine Tankstelle. Aber hier stehe ich gleich vor einem neuen Problem. Wie kommt man an das Benzin heran. Es dauert eine Weile, bis ich herausgefunden habe, dass man erst die EC-Karte in den Automaten geben muss, dann gibt man die Nummer der Zapfsäule und die Pin ein und schließlich kann man tanken. In Antwerpen angekommen, werden wir erst zwei Mal vom Navi um den Block geschickt, ehe wir feststellen, dass wir nicht direkt beim Hotel vorfahren können. Wir stellen das Auto in einem Parkhaus ab und laufen zum Hotel, um gleich darauf das Gepäck zu holen und es einstweilen dort zu deponieren. Einchecken können wir erst ab 14 Uhr. Und angekommen sind wir 10.30 Uhr. Nach Besichtigung des Bahnhofs, der von außen
und von innen besonders prächtig ist und der unserem Hotel gegenüber liegt, mussten wir ca. einen Kilometer bis zur Altstadt zurücklegen.
Antwerpen muss im 2. Weltkrieg ziemlich zerstört worden sein. Zwischen den alten Häusern gibt es immer wieder Neubauten, teilweise mehrere Stockwerke höher. Das sieht schon komisch aus, wenn es zwischen zwei Giebelhäusern steht. Aber solche Bausünden kennt man ja auch in Deutschland zur Genüge. Eine kleine Gaststätte war so einladend, dass wir dort zu Mittag gegessen haben: Werner Rührei mit Tomate und Käse, ich eine Quiche mit Lachs und Salat. Auf einem Platz gab es vor der Onze-Lieve-Vrouwekathedraal, der größten Kirche Belgiens, einen Flohmarkt, auch hier alte und neue Häuser nebeneinander.
Dann der Aha-Effekt: ein wunderbarer Grote Markt.
Wieder ist es sehr voll auf den Straßen, eine Kneipe neben der anderen und ich will zur Schelde. Ein breiter Fluss.
Der Großvater ist von Mecheln nach Antwerpen gelaufen, um seinen englischen Großvater vom Schiff abzuholen.
Hier habe ich den Fußgängertunnel unter der Schelde bewundert, bin 2 Rolltreppen tief hinuntergefahren,
um in einen endlosen Tunnel hineinzuschauen.
Ans andere Ufer wie er bin ich nicht gelaufen. Dafür sind wir durch den Auto-Tunnel gefahren, wo er als Fußgänger nicht hineindurfte, was er sehr bedauert hat.
Auf dem Weg zum Hotel haben wir eine wunderbare Galerie entdeckt,
wieder einmal Kaffee getrunken und schließlich im Hotel eingecheckt. Das Zimmer ist klein, aber immerhin gibt es Shampoo, was wir in dem Brüsseler Hotel vermisst haben. Da lagen nur 2 kleine Seifenstücke. Ach ja, ein Schrank ist auch vorhanden. Den hätten wir in Brüssel, wo wir ja 3 Tage waren, auch gut gebrauchen können. Unser Fenster im 7. Stock geht direkt zum Bahnhof hinaus.
17.45 Uhr: es regnet! Trotzdem gehen wir noch einmal hinaus, um eine Kleinigkeit zu essen, und landen im Duke oft Antwerp. Ein sehr anheimelndes Lokal, gehobene Preisklasse. Werner isst Käsecroitons und ich ein Sandwich des Duke mit viel Salat, Ketchup und Mayonnaise. Dazu gibt es wie gehabt ein Bier, heute ein Grimbergen Brown. Habe ganz vergessen, für jeden eine Praline zu kaufen!
Freitag – Gent
Nach dem Aufstehen suchen wir ein Frühstückslokal und machen noch einmal einen Rundgang durch Antwerpen, dieses Mal finden wir die Route, die der Reiseführer empfiehlt. Vom Diamantenviertel, wo sich auch unser Hotel befindet, geht es an der Oper vorbei über den Teniersplaat am Paleis op de Meir vorbei zum Rubenshaus.
Weiter führt die Route über schmale Gassen und Plätzeam Modemuseum vorbei
zur Onze-Lieve-Frouwekathedraal am Groenplaat mit dem Rubensdenkmalund zum Grote Markt. Die St.-Jakobs-Kerk ist ebenfalls sehr beeindruckend.
Um 11 Uhr sind wir wieder im Hotel und 11.30 Uhr geht es weiter nach Gent.
Die Fahrt von Antwerpen nach Gent dauert nur eine halbe Stunde. Im Hotel können wir gleich einchecken, was schon mal eine Erleichterung ist. Und noch dazu gibt es einen hoteleigenen Parkplatz. Das Zimmer ist fast eine Suite, sehr großzügig.
Nach kurzem Aufenthalt machen wir uns auf den Weg in die Altstadt. Wir gehen fast immer an der Leie entlang, halten nach 13 Uhr an einer netten Kneipe an,
ich esse Spaghetti, Werner Toast mit Lachs. Eine halbe Portion hätte gereicht. Danach versuchen wir den Rundgang aus dem Reiseführer nachzuvollziehen, was auch einigermaßen gelingt. Wir spazieren durch die Graslei,
zum Vrijtagsmarkt, zum Stadthaus, zum Belfried
und zur Sint-Baafs-Kathedraal, die leider eingerüstet ist, um den Altar “Lamm Gottes” der Brüder van Dyck in der Sint-Baafs-Kathedraal zu betrachten, der nicht fotografiert werden durfte.
Dann haben wir noch ein Bier in der Abendsonne genossen, Westmalle Trappist; Kasteel hatte 11%.
Das merkt man aber auch. Wichtig ist den Belgiern, dass das Glas zum Bier stimmt.
Gent hat wieder ein anderes Flair als Antwerpen: winzige Gassen mit wunderbaren Giebelhäusern.
Viele Menschen: es fand gerade ein Volksfest unter dem Motto “Gent smaakt” statt.
Heute gab es Konfekt vom Schock-o-Latier Dominique Persoone.
Sonnabend – Brügge
Nach einem ausgbiebigen Frühstück im Hotel brechen wir nach Brügge auf. Im Hotel angekommen, können wir wenigstens das Auto in die hoteleigene Garage stellen. Das Zimmer ist leider noch nicht fertig, aber die Empfangsdame ist ausgesprochen nett. Das Hotel liegt idyllisch am Wasser, auf das wir vom Zimmer aus später auch schauen.
Also geht es auf in die Altstadt. Auf der Fahrt dahin und auch in Brügge regnet es bis gegen 12 Uhr, sodass wir uns in einer Gaststätte mit einem Tee aufwärmen. Im Laufe des Nachmittags klärt es auch hier auf. Der Rundgang wird zunehmend angenehmer. Zunächst kamen wir zu dem prächtigen Markt mit Belfried.
Gegen 15 Uhr sind wir im Hotel, um einzuchecken und das Gepäck aufs Zimmer zu tragen. Gegen 16.30 Uhr geht es nochmals in die Stadt (ca. 10 Minuten). Wir kommen am Flüsschen Reie vorbei.gehen Richtung Burg durch die Blinde Ezelstraat mit dem wunderschönen Stadthuis
Dann ging es weiter zur Onthalkerk und zur St-Salvatorskerk.
Zurück auf dem Markt konnten wir diese Tanzeinlage bewundern.In einem Restaurant unweit des Marktes essen wir ein Omelett und trinken ein Leffe.
Dann gehen wir Richtung Hotel und kehren in einer netten Eckkneipe ein, um nochmals ein Bier zu trinken.
Und zum Schluss ein paar Impressionen aus dem wunderschönen Brügge.
Sonntag – Mechelen
Gegen 10 Uhr fahren wir nach Mechelen und sollen laut Navi 11.30 Uhr ankommen, sind wir auch, allerdings gibt es die Straße des Hotels in Mechelen nicht. Auch wiederholte Versuche, die Straße zu finden, nützen nichts. Schon leicht panisch kam ich dann auf die Idee, den Markt von Mechelen ins Navi eingegeben, wohin wir dann auch geleitet wurden. Dort angekommen, fragten wir mehrere Mechelner nach der Straße, die auch alles versucht haben uns zu helfen. Das Hotel kannte leider keiner. Erst die Nachfrage in einem anderen Hotel hat uns dann ans Ziel gebracht.
Sommer 1924 besuchte der Großvater nach 11 Jahren wieder einmal seine Schwester in Brüssel. Seinen Besuch nach Mecheln beschreibt er folgendermaßen: “… so fuhr ich zuerst nach Mecheln, um die bekannten Straßen und Plätze zu durchlaufen. Die elektrische Schnellbahn ging wohl noch nicht und so fuhr ich nochmals mit der alten Dampfeisenbahn nach der alten Heimatstadt, die mindestens um 20000 Einwohner größer geworden war als im Jahre 1888, wo ich sie verlassen hatte. Da es immer noch der Sitz des Erzbischofes war und der geistliche Mittelpunkt des Landes, so waren die Straßen durch den Verkehr der Pastoren und der Nonnen immer so wie früher durch die schwarzen Röcke sehr belebt. Meine Tante Dominika, die schwarze Schwester lebte leider nicht mehr, da sie während des Weltkrieges durch ihre Flucht vor den Deutschen nach Holland mit den anderen Schwestern des Klosters der schwarzen Nonnen in Holland gestorben war. Mecheln – auf Französisch Malines – hatte in den Kriegsjahren 1914-1918 besonders in den ersten Monaten August bis Oktober 1914 viel zu leiden, da es zwischen den deutschen und den belgischen Linien lag und von beiden Seiten beschossen wurde. Die Hauptkirche Sankt Romuald (Franz. Saint Rombaut) wurde beschädigt, da oben sich Beobachtungsposten aufhielten, und ein Teil der Wohnhäuser durch Feuer zerstört, so ganz besonders das Viertel, wo meine Mutter gewohnt hatte in der Rue de Beguines und der Viehmarkt les Bailles de Fer, den ich von früher her gut kannte. Es war jedoch von den Schäden nicht mehr viel zu sehen, da während der letzten 10 Jahre auf deutsche Kosten alles wieder ausgebessert worden war. Auch am Bahnhof, wo nach Ansichtskarten und Zeitungsbildern verschiedene Hotels durch Granaten getroffen und stark beschädigt worden waren, war von den Beschädigungen nicht viel zu sehen. Ich ging also weiter durch die Rue Conscience und das mir bekannte Egmonter Tor in die Stadt und über den Fluss „die Dyle“ in den botanischen Garten, der sich nicht viel geändert hatte. Auch die Athenée, wo ich kurz zur Schule ging auf Veranlassung meines Vaters, stand noch genauso da wie früher.
Durch den Bruul ging ich weiter zum Grote Markt mit den alten Giebelhäusern aus dem 16. bis 18. Jahrhundert und dem Standbild der Margerete von Österreich. Die Löcher in der Kathedrale, die durch Granatenbeschuss entstanden waren, waren noch zu sehen. Leider fehlten am 97 Meter hohen Turm der Kirche die Zifferblätter, während das Glockenspiel, soviel ich mich erinnern kann, noch in Ordnung war und sich alle 7 ½ Minuten hören ließ. Dann ging ich durch Die Rue de Beffer und die Kaiserstraße zum Nekkerspool und die äußeren Boulevards an den Umleitungsfluss entlang zum Porte de Liene, wo ich eine Erneuerungstafel entdeckte, die sich auf die Besetzung der Deutschen und auf die Erschießung von Bürgern durch die Barbaren bezog, es waren wohl mehrere Hundert Menschen, die erschossen worden waren. Ich ging weiter um Mecheln herum und konnte an dem Antwerpener Tor einen starken Wagenverkehr feststellten, der durch Polizeiagenten geregelt wurde, es war bald wie in der Großstadt mit Lichtsignalen an der alten Brücke über den alten Befestigungsfluss. Durch die Rue Sainte Cathérine ging ich zurück zum großen Markt an der Hauptkirche vorbei und über die Bailles de fer, wo ich früher meine Tante öfter besucht hatte, die wieder aufgebaut worden war, und die Rue Hunte zum alten Brüsseler Tor und so zurück zum Bahnhof, ohne zu vergessen durch die Rue de d’Arsenal zu gehen, wo ich früher mit meinen Eltern gewohnt hatte.”
Auch hier konnten wir unser Hotelzimmer gleich in Besitz nehmen und das Auto vor dem Hotel parken. Nach kurzer Verschnaufpause ging es zunächst zur Arsenalstraße Nr. 34, um das Haus der Familie van Himbergen zu besichtigen, in dem der Großvater von 1886 bis 1888 mit seinen Eltern gewohnt und dessen Grundriss er in seiner Biografie aufgezeichnet hat.
Wie der Großvater wanderten wir durch die G. van Egmontstraat – das Egmonter Tor existiert nicht mehr. Dann ging es
über den Fluss Dyle und am Botanischen Garten vorbei den Bruul entlangzum Grote Markt. Da war der Teufel los. Alles war abgesperrt, da gerade ein Radrennen zu Ende ging, bei dem Radfahrer und Radfahrerinnen in 4 Tagen 1000 km für einen guten Zweck (Krebshilfe) gefahren waren.
Zunächst haben wir am Grote Markt in einem netten Cafe eine Pause gemacht.Dann habe ich wie der Großvater, der zur Kirmes mehrmals für 10 Centimes auf den ca. 100 Meter hohen Turm der Kathedrale Saint Rombaut gestiegen war, die 550 Stufen zum Belfried erklommen,
unterwegs fiel mir das Laufrad der Krankinder auf, d.h. Kinder bewegten bis ins 20. Jahrhundert das Rad mit Muskelkraft, damit schwere Lasten in den Turm transportiert werden konnten,
habe die Bassglocken bewundert,und in der Ferne Brüssel mit dem Atomium erkennen können sowie eine wunderbare Aussicht auf Mechelen genossen.
Auf dem Rückweg begannen die vielen Glocken zu läuten. Wie es der Großvater beschrieben hatte, taten sie das dann eine Stunde lang und spielten ein Lied nach dem anderen, Volkslieder, Schlager, Klassisches. Allerdings so dicht daneben war es weniger ein Genuss, weil man Angst um sein Gehör hat, sich aber andererseits auf die steile Wendeltreppe konzentrieren muss. Mit beiden Händen an den Ohren wäre ein Abstieg schwierig geworden. Erst als ich mich wieder unter das Fußvolk mischen konnte, hatte ich den nötigen Abstand, um das Glockenspiel genießen zu können, welches sich wie ein Klangteppich über die Stadt legte.
Unten angekommen kam ich an dem Standbild der Margerete von Österreich vorbei (ganz rechts im Bild) und dem witzigen WegweiserMit dem Erwerb der Eintrittskarte in den Belfried bekam ich die Möglichkeit, preiswerter eine Bootstour zu unternehmen, wozu wir uns dann auch entschlossen haben. Leider war das Boot gerade abgefahren. Aber wir haben auf die nächste Rundfahrt gewartet und uns die Zeit mit Biertrinken am Fischmarkt vertrieben.Das Warten hat sich gelohnt. Hier einige Impressionen vom Boot aus.
Anschließend ging es wieder zum Grote Markt und von dort aus durch die Befferstraat
zum Viehmarkt
von dort aus zur Keizerstraat – an dem Palais der Margarete von Österreich vorbei
zum Kloster der Schwarzen Schwestern in der Vochtstraat.
Leider gab es keine Möglichkeit, das Kloster zu besichtigen.
Nach diesem doch sehr umfangreichen Rundgang landeten wir ziemlich fußlahm wieder auf dem Grote Markt, um zu Abend zu essen. Anschließend spazierten wir durch den Korenmarkt am Brusselse Port vorbei
zum Hotel.
Nach einem nochmaligen Rundgang durch Mechelen am nächsten Morgen, verabschieden wir uns von Belgien und kehren nach einem Zwischenstopp in Lüneburg nach Hause zurück. Schön war’s in Flandern!